Shoppen macht happy, aber muss Gen Z aufpassen, nicht unter XXL-Bestellungen begraben zu werden? Ein Psychologe erzählt, wann Kaufen problematisch wird und wie wir einander supporten können.
Mal ehrlich: Es gibt echt viele Videos von riesigen limitierten Sneaker-Sammlungen und “Hauls”. Ist so viel Shoppen normal? Und wenn ja, was macht das mit unserer Generation, die sich den Content jeden Tag ansieht?
Shoppen ist schön. Egal ob im Store oder Online – manchen gibt Einkaufen das Gefühl, die Kontrolle zu haben, Glücksgefühle werden ausgelöst. Allein die Vorfreude auf einen potenziellen Kauf macht schon glücklich. Deshalb sind wir gerne auf Onlineshops unterwegs oder gucken Haul-Videos.
Shopping scheint als normales Hobby und Methode zur Emotionsbewältigung akzeptiert zu sein. Den meisten Menschen macht es Spaß, sich ab und zu etwas Schönes zu gönnen. Ab und zu …
Wir sind zwar keine Psychologen, aber unser Freund Dominik schon. Er arbeitet bei Evermood und hatte schon ein paar Menschen mit problematischem Kaufverhalten in Behandlung. Wir fragen ihn:
Wie entsteht Kaufsucht?
“Sie entwickelt sich meist im Zuge einer anderen psychischen Erkrankung. Wenn sich Leute schlecht fühlen, weil sie vielleicht etwas Schlimmes erlebt haben, führt das zu Leidensdruck. Bei manchen entwickelt sich daraus ein Drang: ‘Ich kaufe mir was und es geht mir in dem Moment besser.’ Langfristig geht es einem aber schlechter, weil es oft negative Folgen gibt: Geld ausgeben, das man eigentlich nicht hat, Schulden anhäufen.”
Was sind Symptome für Kaufsucht?
“Ein Anzeichen für den Suchtbereich: Dass man trotzdem weiter kauft, obwohl all diese negativen Folgen drohen. Mit Freunden und Familie eventuell in Konflikt geraten, weil Geldprobleme entstehen. Ein weiteres Anzeichen: Sachen ohne Zweck kaufen, die dann nur im Schrank landen und nicht wirklich verwendet werden.”
Für uns ist alles verfügbar
Jede Person kann online 24/7 einkaufen – teilweise auch extrem günstig.
Stimmt, andere Altersklassen wissen zwar auch, wie man auf Amazon und Zalando shoppt. Aber kennen deine Eltern den Hashtag #tiktokmademebuyit? Speziell für unsere Generation wird auf Social Media sehr viel Marketing betrieben.
Psychologe Dominik erklärt außerdem: “Man bleibt anonym und muss nicht in einen Shop gehen, wo es vielleicht unangenehm wäre, dass die Verkaufenden einen wiedererkennen. Diese Anonymität und dauerhafte Verfügbarkeit macht es Menschen mit Kaufproblem nicht einfacher.”
Von allem muss es viel geben
Unsere Generation ist in einem Zwiespalt: Auf der einen Seite ist es durch Social Media normalisiert, viel zu kaufen. Auf der einen Seite ist so viel Bewusstsein für nachhaltigen Konsum da, wie noch nie – und viele Marken werben damit.
Es gibt also Leute, die beispielsweise zwar Secondhand kaufen, davon aber viel zu viel Zeug, dass sie eigentlich gar nicht brauchen. Andersherum designen Fast Fashion Marken ihre Klamotten im “wasted look”.
Schulden sind trendy
Dominik: “Manche haben heute ein anderes Verständnis von Schulden. Der TikTok “Buynowpaylater”-Trend vor ein paar Monaten zeigt das. Es gibt Bubbles, in denen Menschen scheinbar mit ihren Schulden angeben oder es irgendwie cool ist, kaufsüchtig zu sein. Nach dem Motto: ‘Ich habe wieder so viele neue Schuhe gekauft – ich bin so kaufsüchtig’. In früheren Generation waren Schulden ein rotes Tuch.”
Dominik: “Gen Z ist anfälliger. Problematisches Kaufverhalten kann inzwischen leichter ausgelebt werden. Auf der anderen Seite können sich Menschen anders finanziell bilden. Das hat großen Einfluss. ‘Wie lerne ich auf gute Weise, mit Geld umzugehen? Auch das ist ein Feld mit viel Verbesserungspotenzial.”
Dominik: “Ich würde sagen, wer glücklich ist, kauft bewusster. Wenn man glücklicher ist, neigt man eventuell nicht dazu, Impulskäufe zu machen, um damit negative Gefühle zu kompensieren.”
Dominik Jourdan, 35 Jahre, ist Psychologe und Psychotherapeut und hat viel Erfahrung im klinischen Bereich und in Praxen gesammelt. Jetzt ist er bei Evermood und berät Mitarbeitende und Führungskräfte bei beruflichen und privaten Anliegen, mit der Vision, ein attraktives Arbeitsumfeld für alle zu schaffen.